CSDDD vs. LkSG: Das neue europäische Lieferkettengesetz im Vergleich
Mit der Verabschiedung der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) – oft auch als EU-Lieferkettengesetz bezeichnet – hat die Europäische Union im Sommer 2024 neue Maßstäbe für unternehmerische Sorgfaltspflichten gesetzt. Für deutsche Unternehmen stellt sich nun die dringende Frage: Was ändert sich im Vergleich zum bereits etablierten LkSG?
Dieser Beitrag ordnet die neue Richtlinie ein und zeigt die wesentlichen Unterschiede auf, auf die sich Unternehmen vorbereiten müssen.
Was ist die CSDDD? (Einordnung)
Die CSDDD ist eine EU-Richtlinie, die Unternehmen verpflichtet, negative Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Menschenrechte und die Umwelt zu identifizieren, zu vermeiden oder zu minimieren. Anders als das deutsche Gesetz, das primär auf Risikomanagement abzielt, fordert die EU-Richtlinie in Teilen eine ergebnisorientierte Beseitigung von Missständen.
Die Richtlinie trat am 25. Juli 2024 in Kraft. Die Mitgliedsstaaten (auch Deutschland) haben nun zwei Jahre Zeit (bis Juli 2026), diese Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Für Deutschland bedeutet das: Das LkSG wird voraussichtlich verschärft und angepasst.
Der Zeitplan: Wann gilt die CSDDD für wen?
Die Anwendung erfolgt stufenweise und hängt von der Unternehmensgröße sowie dem Umsatz ab. Der Anwendungsbereich ist anfangs enger als beim aktuellen LkSG, weitet sich dann aber aus.
- Ab 26. Juli 2027: Unternehmen mit > 5.000 Beschäftigten UND > 1,5 Mrd. € weltweitem Nettoumsatz.
- Ab 26. Juli 2028: Unternehmen mit > 3.000 Beschäftigten UND > 900 Mio. € weltweitem Nettoumsatz.
- Ab 26. Juli 2029: Unternehmen mit > 1.000 Beschäftigten UND > 450 Mio. € weltweitem Nettoumsatz.
(Hinweis: Auch Nicht-EU-Unternehmen, die diese Umsätze innerhalb der EU erwirtschaften, sind betroffen.)
Die 4 wichtigsten Unterschiede: CSDDD vs. LkSG
Obwohl das deutsche LkSG als Blaupause diente, geht die europäische Richtlinie in entscheidenden Punkten deutlich weiter.
1. Tiefe der Wertschöpfungskette
- LkSG (Status quo): Der Fokus liegt primär auf dem eigenen Geschäftsbereich und direkten Zulieferern (Tier-1). Mittelbare Zulieferer (Tier-2 bis Tier-N) müssen nur bei „substantiierter Kenntnis“ von Verstößen geprüft werden (anlassbezogen).
- CSDDD (Neu): Der Begriff der „Lieferkette“ wird zur „Aktivitätenkette“ erweitert. Diese umfasst nicht nur Zulieferer (Upstream), sondern teilweise auch nachgelagerte Tätigkeiten (Downstream) wie Transport, Lagerung und Entsorgung des Produkts. Unternehmen müssen Risiken also deutlich tiefer und breiter analysieren.
2. Zivilrechtliche Haftung
- LkSG (Status quo): Das deutsche Gesetz schließt eine zivilrechtliche Haftung explizit aus (Abs. 3 § 3 LkSG). Betroffene können zwar Beschwerde einreichen, aber nicht direkt auf Schadensersatz auf Basis des LkSG klagen.
- CSDDD (Neu): Dies ist der größte Hebel der EU. Die Richtlinie führt eine zivilrechtliche Haftung ein. Unternehmen können künftig verklagt werden, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten vorsätzlich oder fahrlässig verletzen und dadurch Schäden (z. B. an Menschen oder Umwelt) entstehen. Dies erhöht das Haftungsrisiko für die Geschäftsführung massiv.
3. Umwelt- und Klimaschutz
- LkSG (Status quo): Umweltaspekte spielen eine untergeordnete Rolle (fokussiert auf Quecksilber, POPs und gefährliche Abfälle) und dienen meist dem Schutz der menschlichen Gesundheit.
- CSDDD (Neu): Der Umweltschutz wird massiv ausgeweitet (z. B. Biodiversitätsverlust, Entwaldung). Zudem verpflichtet die CSDDD Unternehmen zur Erstellung und Umsetzung eines Klimübergangsplans (Climate Transition Plan), der kompatibel mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens ist.
4. Schwellenwerte (Umsatz vs. Mitarbeiter)
- LkSG (Status quo): Gilt strikt ab 1.000 Mitarbeitenden, unabhängig vom Umsatz.
- CSDDD (Neu): Führt eine Umsatzschwelle ein (siehe Zeitplan oben). Das bedeutet: Ein Unternehmen mit 1.200 Mitarbeitenden, aber wenig Umsatz, fällt ggf. aus der CSDDD, während es aktuell voll unter das LkSG fällt. Hier bleibt abzuwarten, wie der deutsche Gesetzgeber das LkSG anpasst (Günstigkeitsprinzip).
Ausblick: Handlungsbedarf trotz Übergangsfristen
Auch wenn die CSDDD-Fristen (Start 2027) noch fern wirken, ist Abwarten keine Strategie. Die Anpassung des deutschen LkSG wird kommen. Unternehmen, die bereits LkSG-konform sind, haben eine gute Basis („Gap-Analysis“ empfohlen). Unternehmen, die bisher durch das Raster fielen, aber die neuen Umsatzschwellen erreichen, sollten jetzt mit dem Aufbau eines Risikomanagements beginnen.
Die wichtigste Botschaft: Die CSDDD macht Nachhaltigkeit von einer „Compliance-Übung“ zu einem harten Haftungsrisiko.