Aufbau einer Klimastrategie im Einklang mit 1,5-°C-Pfad und Net-Zero-Zielen
Warum eine 1,5-°C- und Net-Zero-Klimastrategie jetzt geschäftskritisch ist
Für Berichtspflichtige nach CSRD, aber auch für viele Mittelständler, ist Klimamanagement längst kein „Nice-to-have“ mehr, sondern Lizenz zum Wirtschaften. Banken, Investoren, Kunden und Fachkräfte erwarten klare Antworten auf drei Fragen:
- Wo stehen wir heute klimatechnisch? (Emissionen, Risiken, Chancen)
- Wo wollen wir hin? (1,5-°C-kompatible Net-Zero-Ziele)
- Wie kommen wir dorthin? (konkreter Transformations- und Investitionsplan)
Eine strukturierte Klimastrategie im Einklang mit dem 1,5-°C-Pfad und Net-Zero ist der Rahmen, der diese Fragen verbindlich beantwortet – und gleichzeitig Anforderungen aus ESRS E1, Taxonomie, LkSG & Co. adressiert.
Was bedeuten 1,5-°C-Pfad und Net-Zero für Unternehmen?
1,5-°C-Pfad
- Bezieht sich auf das Pariser Abkommen und die IPCC-Szenarien.
- Heißt praktisch: Das Unternehmen reduziert seine Emissionen so, dass der eigene Reduktionspfad zu einer globalen Erwärmung von deutlich unter 2°C und idealerweise 1,5°C passt.
Net-Zero
- Net-Zero bedeutet: Die verbleibenden, schwer vermeidbaren Emissionen werden langfristig durch dauerhafte Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre ausgeglichen.
- Im Unternehmenskontext orientieren sich viele Firmen an den Kriterien der Science Based Targets initiative (SBTi):
- Ambitionierte absolute Reduktion von Scope-1- und Scope-2-Emissionen bis spätestens 2030.
- Einbindung relevanter Scope-3-Emissionen.
- Kompensation (z. B. über Offsets) ist nur Ergänzung, nicht Ersatz für echte Reduktion.
Bausteine einer 1,5-°C- und Net-Zero-kompatiblen Klimastrategie
3.1 Status quo: Corporate Carbon Footprint & Risikoanalyse
Basis jeder belastbaren Klimastrategie ist eine valide Datengrundlage:
- Corporate Carbon Footprint (CCF) nach GHG Protocol
- Scope 1: direkte Emissionen (z. B. eigene Kessel, Fuhrpark).
- Scope 2: indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie (Strom, Wärme, Kälte).
- Scope 3: vor- und nachgelagerte Emissionen (Einkauf, Logistik, Nutzung, Entsorgung etc.).
- Identifikation von Emissions-Hotspots:
- Welche 3–5 Emissionsquellen treiben den Fußabdruck?
- Welche Standorte, Produkte, Prozesse sind besonders relevant?
- Klimarisiken & -chancen:
- Physische Risiken (Hitze, Starkregen, Lieferkettenunterbrechungen).
- Transitionsrisiken (CO₂-Preise, Regulierung, Technologiewechsel, Nachfrageverschiebungen).
Ergebnis: Ein belastbares Startjahr und ein klares Bild, wo Dekarbonisierung wirklich Wirkung entfaltet.
Zielbild: Ambitionierte 1,5-°C- und Net-Zero-Ziele definieren
Im zweiten Schritt wird der Zielkorridor festgelegt – idealerweise in Anlehnung an anerkannte Rahmenwerke wie SBTi:
- Zeithorizont:
- Kurzfristziele bis 2030 (Reduktionsziele in % vs. Basisjahr).
- Mittelfristziele bis 2040.
- Langfristiges Net-Zero-Ziel (z. B. 2045/2050).
- Scopes:
- Ziele für Scope 1 & 2 (z. B. -90 % bis 2040).
- Einbindung wesentlicher Scope-3-Kategorien (z. B. eingekaufte Güter, Transport, Nutzung).
- Zieltypen:
- Absolute Reduktionsziele (t CO₂e).
- Relative Zielgrößen (z. B. t CO₂e pro Tonne Produkt, pro Umsatz).
- Kompatibilität mit 1,5-°C:
- Abgleich der geplanten Reduktionsraten mit globalen 1,5-°C-Pfaden.
- Optional Validierung durch SBTi.
Wichtig: Ziele müssen wissenschaftsbasiert, messbar, zeitgebunden und intern verbindlich sein (Freigabe durch Geschäftsführung/Vorstand).
Dekarbonisierungspfade: Vom Ziel zum Maßnahmenportfolio
Die Klimastrategie muss in einen konkreten Transformationspfad übersetzt werden – mit einem klar strukturierten Maßnahmenportfolio. Bewährt hat sich die Logik:
- Avoid – vermeiden:
- Prozess-Redesign, Effizienzprogramme, Suffizienzmaßnahmen.
- Reduce – reduzieren:
- Energieeffizienz, Abwärmenutzung, Modernisierung von Anlagen.
- Substitute – ersetzen:
- Umstieg auf erneuerbare Energien, alternative Rohstoffe, klimafreundliche Technologien.
- Neutralise/Compensate – neutralisieren:
- Langfristig: Removals/Carbon Dioxide Removal (CDR) für Restemissionen.
- Kurzfristig: hochwertige Kompensation als Übergang, klar getrennt von Reduktionszielen.
Typische Maßnahmencluster:
- Energie & Anlagen: Energieeffizienz, Photovoltaik, Wärmepumpen, Power Purchase Agreements (PPA).
- Gebäude: Sanierung, Dämmung, Heizung/Kälte, Gebäudeleittechnik.
- Mobilität & Logistik: Fuhrpark-Elektrifizierung, alternative Antriebe, Routenoptimierung, Logistikpartner.
- Produkte & Materialien: Materialeffizienz, Design for Circularity, Substitution CO₂-intensiver Rohstoffe.
- Einkauf & Lieferkette: Lieferantenauswahl, CO₂-Kriterien in Ausschreibungen, Kooperation mit Schlüssel-Lieferanten.
Ergebnis: Ein Dekarbonisierungsfahrplan, der pro Jahr, Standort und Bereich erkennbare Emissionsreduktionen liefert – mit grober Capex-/Opex-Abschätzung.
Integration in Strategie, Taxonomie & Investitionsplanung
Eine Klimastrategie bleibt nur dann wirksam, wenn sie in die Gesamtstrategie und Finanzplanung integriert wird:
- Verknüpfung mit Geschäftsmodell:
- Welche Produkte/Dienstleistungen müssen sich ändern, entfallen oder neu entstehen?
- Welche Märkte werden durch Dekarbonisierung gestärkt bzw. bedroht?
- Capex-Planung & EU-Taxonomie:
- Klimarelevante Investitionen (z. B. Energie, Prozessumstellung) klar im Capex-Plan hinterlegen.
- Prüfen, welche Investitionen taxonomie-fähig und -aligned sind.
- Portfoliosteuerung:
- CO₂-Intensität als Kriterium in Produkt- und Standortentscheidungen verankern.
Governance, KPIs und Anreizsysteme
Ohne klare Verantwortlichkeiten bleibt Klimastrategie ein Papiertiger. Zentrale Elemente:
- Verantwortung und Gremien:
- Mandat eines verantwortlichen Vorstands/Geschäftsführers für Klima/ESG.
- Einrichtung eines ESG-/Klima-Steuerkreises (Fachbereiche, Controlling, Kommunikation).
- KPIs und Zielsysteme:
- Definition eines Kennzahlensets (z. B. absolute Emissionen, Emissionsintensität, Anteil erneuerbarer Energien).
- Integration in Management-Cockpits, Budgetprozesse und Strategie-Reviews.
- Vergütung:
- Kopplung variabler Vergütung von Management und Schlüsselrollen an Klimaziele.
Monitoring, Reporting & kontinuierliche Verbesserung
Eine 1,5-°C-kompatible Klimastrategie ist kein statisches Dokument, sondern ein lernendes System:
- Regelmäßiges Monitoring:
- Mindestens jährliche Aktualisierung des CCF.
- Soll-Ist-Vergleich der Emissionspfade und Maßnahmen.
- Reporting nach ESRS E1:
- Offenlegung von Zielen, Plänen, Kennzahlen und Fortschritt im Nachhaltigkeitsbericht.
- Szenarioanalysen:
- Prüfung, wie sich verschiedene Klima- und Regulierungs-Szenarien auf Geschäftsmodell und Wertschöpfung auswirken.
- Feedback-Schleifen:
- Anpassung des Maßnahmenportfolios bei technologischem Fortschritt, veränderten Marktbedingungen oder neuen regulatorischen Anforderungen.
Typische Stolpersteine – und wie man sie vermeidet
Häufige Fehler:
- Fokus nur auf Scope 1 & 2, obwohl Scope 3 den größten Anteil hat.
- Klimaziele werden als Marketingthema behandelt, nicht als Management- und Investitionsthema.
- Kompensation wird als „Abkürzung“ genutzt, ohne klare Reduktionspfade.
- Klimastrategie ist nicht in Budget- und Investitionsplanung verankert.
- Keine klare Verantwortung; ESG bleibt „Projekt ohne Eigentümer“.
Best Practices:
- Frühzeitig Finanzen, Einkauf, Produktion und IT einbinden.
- Klimastrategie an CSRD-/ESRS-Prozess koppeln, um Reportingpflichten mitzudenken.
- Mit einem Pilot-Cluster oder -Standort starten, um Geschwindigkeit und Lernerfahrungen zu gewinnen.
- „Quick Wins“ (z. B. Energieeffizienz, Contracting-Lösungen) nutzen, um Erfolge und Business Case schnell sichtbar zu machen.
Wie ECO-VOX beim Aufbau Ihrer Klimastrategie unterstützt
Für viele Unternehmen ist weniger die Einsicht das Problem, sondern Ressourcen, Expertise und Zeit. Hier setzt ECO-VOX an – typischerweise mit einem modularen Vorgehen:
- CO₂-Bilanz & Hotspot-Analyse (CCF/PCF, Scope 1–3)
- Strategie- und Zielbild-Workshop (1,5-°C-Pfad, Net-Zero, SBTi-Alignment)
- Entwicklung eines Dekarbonisierungsfahrplans inkl. Business Case und Capex-Roadmap
- Verankerung in Governance, KPIs, Vergütung und ESRS-konformem Reporting
- Begleitung bei Umsetzung, Monitoring und Kommunikation (intern & extern)
So entsteht aus regulatorischem Druck eine strategische Chance, die Dekarbonisierung Ihrer Organisation strukturiert, messbar und wirtschaftlich tragfähig zu gestalten.